Eine verheerende Situation, wo der "Wurm" drinnen ist
Regenwürmer sind die Baumeister fruchtbarer Böden und seit mehr als Jahrtausenden einer der wichtigsten Nützlinge im biologischen Kreislauf. Sie sorgen für einen ausgeglichenen Wasser- und Lufthaushalt, vermischen untere mit oberen Bodenschichten und stellen ein stabiles Krümelgefüge her. Sie fressen abgestorbenes Pflanzenmaterial und scheiden Kot, die sogenannte Regenwurmlosung, die reich an Pflanzennährstoffen ist, aus.
In Österreich gibt es über 60 verschiedene Arten dieser Bodenbewohner. Seit rund zehn Jahren hat sich der sogenannte Schwarzkopfregenwurm zu den heimischen Arten hinzugesiedelt. Im Grunde genommen macht diese Art genau dieselben positiven Erscheinungen, ihr Kot bzw. die Auswirkungen der Losung stellen die heimische Landwirtschaft jedoch vor große Probleme.
Immer mehr Vorkommen gemeldet
Im Jahr 2014 wurde das Auftreten in Tirol das erste Mal wissenschaftlich bestätigt. Schätzungen gehen davon aus, dass sich diese Art deutlich länger im heimischen Grünland vermehrt. In Österreich meldet so gut wie jedes Bundesland Vorkommenssichtungen bzw. Probleme. Die Hotspots in Salzburg sind der nördliche Flachgau und der Pinzgau, obgleich ein Drittel der Salzburger Gemeinden bestätigte Vorkommen aufweist.
Je krümeliger und mächtiger der Boden ist, umso wohler fühlt sich der Schwarzkopfregenwurm. Darum sind die typischen Dauergrünlandflächen für das Bodenlebewesen das ideale Habitat.
Während sich der Schwarzkopfregenwurm in den heißen Sommermonaten in untere Bodenschichten begibt, treten die Losungen während des ersten und letzten Schnittes vermehrt auf, da die Bodenfeuchtigkeit in diesem Zeitraum durch Tau und äußere Witterungseinflüsse höher ist.
Futterverschmutzung durch "Türmchen"
Im Vergleich zu den heimischen Arten, die kaum wahrnehmbare Ausscheidungen produzieren, stellt diese invasive Art bis zu 8 cm hohe Losungshäufchen auf, die eine klebrig, schmierige Konsistenz haben. Normale Erde trocknet zumindest teilweise ab und fällt z.B. beim Eingrasen ab. Die Ausscheidungen des Schwarzkopfregenwurmes jedoch verschmutzen das Erntegut erheblich. Grundsätzlich ist man bestrebt, den Rohaschegehalt im Grünland bei < 10% zu halten. Bei starkem Auftreten von Schwarzkopfregenwürmern ist ein Rohaschegehalt bzw. Verschmutzungsgrad von rund 20% möglich.
Beträchtliche Folgeerscheinungen
In der Silagebereitung sind Fehlgärungen die Folge. Die Qualität des Futters sinkt, durch die Entstehung von Buttersäure stinkt die Silage und wird von den Tieren nur ungern gefressen. Durch das Fressen von verschmutztem Futter steigt die Gefahr einer Aufnahme von Clostridien (Pilzsporen), die im Extremfall bis zur Verendung des Nutztieres führen können (Stichwort: Botulismus). Koliken im Zusammenhang mit verschmutzten Futter sind bei Pferden keine Seltenheit.
Durch die schmierige Konsistenz sinkt auch die Bodenhaftung von Traktorgespannen bzw. die Befahrbarkeit am Hang zur Bewirtschaftung.
Grünlandbestand wird lückig
Durch den Regenwurmkot entstehen des Weiteren lückige Bestände, da die Losung oft auf mehreren Quadratzentimetern ausgeschieden wird. Unkräuter wie Wicken, Vogelmiere u. v. a. schließen die Lücken im Gräserbestand schnell auf und verdrängen dadurch die wichtigen Futterpflanzen. Neben der Futterverschmutzung sind quantitative und qualitative Ertragseinbußen die Folge.
Bekämpfung schier unmöglich
In der Vergangenheit hat es schon einige Bemühungen und Feldversuche gegeben, die in der Theorie eine Bestandesminderung ergeben hätten können. Die Überlegungen, die Anzahl durch den Einsatz von Branntkalk, Quarzsand (scharfe Kanten), Ausbringung von Schwefel u. v. m. zu minimieren, brachten keine nennenswerten Ergebnisse. Die einzige Möglichkeit wäre eine mechanische Tiefenbearbeitung durch Grubber oder Pflug, was aber im Dauergrünland bzw. sobald die Flächen steiler werden, komplett praxisfremd ist. Dies ist auf der einen Seite aufgrund verschiedener ÖPUL-Programme nicht möglich bzw. auf der anderen Seite für das typische Dauergrünland (Humusbildung) kontraproduktiv. In Ackerregionen kann man durch eine Wechselwirtschaft dem Auftreten entgegenwirken. Bei Sportplätzen mit hoher Wurmbesatzdichte wurde in der Vergangenheit ein Bodenaustausch vollzogen. In kleineren Bereichen wie im Hausgarten fressen Hühner die Regenwürmer.
Man braucht die Wissenschaft
Nach derzeitigem Wissensstand kann man des Problems nur mit Laborversuchen Herr werden. Durch intensive Forschung an dieser Regenwurmart könnten eventuelle genetische-, Lebens-, Ernährungs- oder Stoffwechselunterschiede zu den heimischen Arten erforscht werden. Eventuell kann man im Anschluss durch den gezielten Einsatz von Erregern wie Pilzen oder Bakterien dem invasiven Organismus schaden, um die Ausbreitung und Vermehrung einzudämmen.
Fazit
Ohne eine gezielte Forschung wird das Problem rund um den Schwarzkopfregenwurm von Jahr zu Jahr größer. Viele Feldversuche scheiterten bis dato an der Wirksamkeit bzw. der Durchführbarkeit. Die Vorbeugung des Befalls neuer Flächen ist besonders wichtig. Es dürfen keine Gartenabfälle befallener Rasenflächen auf den Misthaufen gelangen. Zudem ist bei Erdverfüllungen oberste Vorsicht geboten.
Wissenswertes zu Regenwürmern allgemein
- 62 Regenwurmarten in Österreich
- Tauwurm
- Brauner und Roter Laubfresser
- Großer und Kleiner Ackerwurm
- Großer und Kleiner Wiesenwurm
- Köcherwurm
- u. v. a.
- 3.500 Regenwurmarten weltweit
- 250 oder mehr Regenwürmer auf 1 m2
- graben sich bis zu 2,5 m tief in den Boden
- Regenwürmer sind Zwitter, können sich aber nicht selbst befruchten
Herkunft und Aussehen des Schwarzkopfregenwurmes
- Schwarzkopfregenwürmer werden bis zu 15 cm lang
- Die Bestimmung zu heimischen Arten im Feld gestaltet sich schwierig, da man ihn vom Großen Wiesenwurm nur mit der Lupe unterscheiden kann. Auffallend ist darüber hinaus das abgeflachte, stumpfe Hinterende des heimischen Tauwurms.
- Der Schwarzkopfregenwurm hat einen dunkelbraunen Vorderteil, nach dem Gürtel ist er normal hell gefärbt.
- Eingeführt wurde er über Wurzelballen aus Westeuropa.
- Pro Jahr wird von einer Ausbreitung von rund 10 m berichtet