Alternativer Kraftstoffjungle unter der Lupe
Elektromotoren und Lithium-Ionen-Akkus sind bei Hofladern oder Staplern schon länger im praktischen Einsatz. Allerdings ist ihre Eignung für leistungsstarke Traktoren noch völlig offen - und ihr Einsatz in Feldhäckslern, Harvestern und Mähdreschern aus heutiger Perspektive utopisch. Daher sind praxistaugliche Lösungen abseits der Elektrifizierung in Form von biogenen und synthetischen Kraftstoffen unverzichtbar. Die Hersteller forschen an neuen Antriebssystemen und entwickeln gleichzeitig Konzepte für die Verwendung alternativer Kraftstoffe in Bestandsmaschinen.
Wasserstoff, Holzdiesel oder E-Fuels?
Grundsätzlich können Traktoren aus technischer Sicht mit bis zu 100% Biokraftstoff betrieben werden. Dazu zählen z.B. Pflanzenöl, Biodiesel und HVO (“Hydrotreated Vegetable Oil“) oder in Zukunft allenfalls synthetische Dieselkraftstoffe wie Holzdiesel oder E-Fuels. Bei allen Varianten gibt es jedoch Vor- und Nachteile.
- Biodiesel: Für die Produktion von Biodiesel werden pflanzliche Öle wie Raps-, Sonnenblumen- oder Sojaöl sowie Altspeiseöl genutzt. Als Koppelprodukte entstehen neben Eiweißfuttermitteln Kalium-Dünger und Glycerin, das unter anderem für die Pharmaindustrie wichtig ist. Technisch gesehen ist Biodiesel in freigegebenen Maschinen problemlos einsetzbar. Durch den etwa 10% geringeren Energieinhalt ergibt sich allerdings ein entsprechender Mehrverbrauch und er ist für den Wintereinsatz nur eingeschränkt geeignet.
- HVO (Hydrotreated Vegetable Oil): Auch bei diesen Kraftstoffen werden pflanzliche Öle und Reststoffe (z.B. Altspeiseöl) zu Treibstoffen veredelt. Jedoch nutzt der überwiegende Teil des erhältlichen HVO derzeit das ökologisch umstrittene Palmöl als Ausgangsstoff. Die wesentlichsten Vorteile eines HVO-Treibstoffs sind die hohe Kältefestigkeit und Lagerstabilität sowie bei entsprechender Freigabe die mehr oder weniger uneingeschränkte Mischbarkeit mit herkömmlichen Dieselkraftstoffen (“Drop-In“-Kraftstoff). Hinsichtlich Leistung und Verbrauch sind HVO-Kraftstoffe praktisch ident zu Dieselkraftstoff.
- Pflanzenöl: Rapsöl ist vor allem bei Maschinen mit hoher Auslastung eine gute Alternative zu fossilen Kraftstoffen. Es kann direkt am Hof oder in regionalen Gemeinschaften erzeugt werden. Der anfallende Presskuchen eignet sich als hochwertiges Eiweißfuttermittel. Um Pflanzenöl zu nutzen, müssen jedoch sowohl das Tanksystem als auch das Motormanagement angepasst werden.
- Biomethan/Biogas: Biomethan kann aus unterschiedlichen agrarischen Produkten hergestellt werden. In einer Biogasanlage werden aus 20 kg Biomasse 1 m³ Biomethan - das entspricht rund einem Liter Dieselersatz - und 18 kg Wirtschaftsdünger (Gärrest) produziert. Die Motoren- und Abgastechnik ist zwar bereits serienreif. Herausforderungen sind jedoch die geringe Energiedichte und die daraus folgende Speicherung des Gases. Zur Erhöhung der Energiedichte wird das Gas entweder verflüssigt (LNG) oder unter Druck komprimiert (CNG).
Alternative Antriebssysteme von morgen
- Grüner Wasserstoff: Mittels einer Brennstoffzelle wird Wasserstoff mit Sauerstoff verschmolzen. Bei diesem chemischen Prozess entstehen elektrische Energie und Wasser. Die elektrische Energie treibt schließlich die verschiedenen Elektromotoren des Traktors an. Der gravierende Nachteil der Brennstoffzellen-Technologie liegt in ihren hohen Verlusten entlang der Erzeugungskette. Gleichzeitig hat Wasserstoff eine geringe Energiedichte, wodurch ein großer Druckbehälter zur Speicherung des komprimierten Wasserstoffs auf den Traktoren nötig ist. Derzeit gibt es keine Brennstoffzellentechnologie, die für eine Anwendung unter hoher Schmutz- und Temperaturbelastung am Feld entwickelt wurde.
- Synthetische Kraftstoffe: Synthetische Kraftstoffe werden mithilfe von Strom, Wasser und Kohlenstoff aus Biomasse und anderen erneuerbaren Grundstoffen in technischen Anlagen synthetisch erzeugt. Sie besitzen im Wesentlichen alle chemischen Eigenschaften von herkömmlichem Dieselkraftstoff und können daher problemlos in jeglicher Mischung oder als Reinkraftstoff in Verbrennungsmotoren eingesetzt werden.
- Holzdiesel: Aktuell wird an der Entwicklung einer Demoanlage für die Produktion von Dieselkraftstoff aus Holzreststoffen geforscht. Die Produktionsanlage soll bis 2027 in Zeltweg errichtet werden. Damit könnte sich die Land- und Forstwirtschaft mit Waldrestholz und anderen Reststoffen selbst mit erneuerbaren Kraftstoffen versorgen. Der Holzdiesel ist genormt und soll auch im aktuellen Fahrzeugbestand ohne große Umrüstungen einsetzbar sein.
- E-Fuels: E-Fuels werden aus elektrischem Strom, erneuerbarem Wasserstoff und Kohlendioxid (CO2) synthetisch hergestellt. Großer Nachteil ist der mit rund 15% schlechte Wirkungsgrad des Gesamtsystems. Größter Vorteil ist die Speicherbarkeit von erneuerbarem Strom z.B. aus Photovoltaik- oder Windkraftanlagen, der im öffentlichen Stromnetz nicht genutzt werden kann. E-Fuels sind mit herkömmlichem Dieselkraftstoff chemisch ident. Dadurch sollen sie in jeder beliebigen Mischung mit selbigem bis hin zur Reinform einsetzbar sein.
WELCHE KRAFTSTOFFE TREIBEN UNS IN ZUKUNFT AN?
Einen detaillierten Vergleich einzelner Kraftstoffe liefert die neue Broschüre “Alternative Antriebssysteme für die Land- und Forstwirtschaft“, die ab sofort erhältlich ist. In diesem Nachschlagewerk werden die Vor- und Nachteile alternativer Kraftstoffe beschrieben. Ebenso gibt die Broschüre einen Ausblick, welche Antriebssysteme in der Innen- und Außenwirtschaft - vom Spaltenroboter bis zum Häcksler - bis 2040 eingesetzt werden könnten. Die Broschüre kann unter www.lko.at/publikationen kostenlos heruntergeladen werden